Mittwoch, 19. Januar 2011

Somewhere - Nowhere

Ach Mensch, es ist doch immer das Gleiche: man verabredet sich Tage zuvor fürs Kino und überredet Freunde, die eigentlich gar keine Lust haben ihren Feierabend in einem dunklen Raum zu verbringen, eingekuschelt in einen schläfrig machenden Polsterstuhl, umgeben von schmatzenden Popcornessern, um dann einen Softie-Film zu sehen. Ach so, bezahlen muss man natürlich auch dafür, und zwar plus Aufschlag fürs Multiplexkino. Und dann, nachdem man sich mit Trailer, Filmkritiken aus der Zeitung und Filmmusik im Vorfeld des Kinogangs auf ein unvergessliches Erlebnis eingestellt hat, geschieht es dann doch: Der grausame Fluch der Mittelmäßigkeit schlägt zu...und zwar "in your face" (sagt man hier irgendwie gern). Der Film emotional oszillierend und die Nulllinie, das eingeschmuggelte Bier schal und warm, die ebenfalls mitgebrachten Süßigkeiten bereits nach der Trailervorschau und vor Filmbeginn aufgegessen. Hm, und dabei fing doch alles so vielersprechend an.

Erfolgreicher als mit einem Goldenen Löwen aus Venedig kann ein Film eigentlich gar nicht starten, die Kritiker überschlugen sich. Der neue Streifen aus dem Hause Sofias Coppolas - "Somewhere". Außerdem gabs reichlich Unterstützung aus dem Coppola Clan. Papa Francis, Bruder Roman halfen beide fleißig bei der Produktion mit, hinzu kommt der musikalische Beitrag von den Lieblingsfranzosen Pheonix (auch hier bleibt alles in der Familie, Leadsänger Thomas ist nämlich Sofias bessere Hälfte)...was kann da eigentlich schief gehen?

Doch so einiges wie sich herausgestellt hat. Wer den Trailer gesehen hat, kennt die Story und sollte keine Überraschungen im Kino erwarten. Um einen Überblick zu geben, behelfe ich mir mit einem Zitat meines Kinositznachbarns Nico: "Ein first-world Film für Weiße, wo Leute Zeit haben sich zu langweilen". Gemeint ist Hauptdarsteller Stephen Dorff, Hollywood Schauspieler von Beruf - also auch im Film, der leicht lethargisch in den Tag hinein lebt. Das Essen kommt vom Roomservice, die Privatpoledance-Vorstellung findet im eigenen Schlafzimmer statt, jeden Abend eine andere Party, der schwarze Turbo-Ferrari ein Abbild seines dekadenten Lebensstils. Doch der arme Stephen ist trotz seines anscheinenden süßen Lebens, dem Reichtums und seiner Bekanntheit eine ziemlich einsame Socke, gefangenen im goldenen Käfig, unfähig auszubrechen. Wäre da nicht die zuckersüße Tochter Cleo, die Farbe und Heiterkeit in seinen mühsamen Star-Alltag (kleine Note von Zynismus) bringt. Das war auch eigentlich schon die Geschichte, besser wirds leider nicht mehr, schlechter allerdings auch nicht. Klar, alles Absicht, sagt Frau Coppola, die Nüchternheit des Films sei ja gerade das Highlight. Hää?

Ach Menno, so schade! Ja ja, fotografisch und cinematografisch wars schön, dramaturgisch aber dafür nur mittelmäßig. Nachdem ich Marie Antoinette und Lost in Translation gierig verschlungen habe, hab ich hier eher anstandsmäßig ausgehalten. Wo waren all die verrückten und besonderen Charaktere, mit Ecken und Kanten, mit überraschenden Ausbrüchen von Abenteuerlust und Neugierde, die ich mir so sehnlich gewünscht habe und die ich in den vergangenen Filmen kennenlernen durfte? Und dann spielte die Geschichte noch nicht einmal an einem aufregenden Ort mit allerhand Kuriositäten wie bisher gewohnt, nein, wir befinden uns im Moloch LA. Buhhh!!

Ganz so schwarzmalen will ich den Film dann doch nicht, er ist halt nur - ganz subjektiv - "nett" (und wie sagt man: nett ist der kleine Bruder von...), eben nicht so unterhaltsam wie erwartet. Was wahrscheinlich auch das Stichwort ist: die Erwartung. Die war leider so groß, das sie kaum zu erreichen war.

Foto: http://theajnabee.com/?attachment_id=6214

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